Es fühlt sich immer noch irreal an, so ganz sind wir noch nicht in der neuen Heimat in Südfrankreich angekommen, auch wenn wir schon unglaublich viel erlebt haben. Aber ein so gewaltiger Umbruch braucht auch eine Weile, um verstoffwechselt zu werden.

Den Ponys wird es ähnlich gehen: Manches ist sehr viel großartiger, manches nicht. Am zweiten Tag haben wir angefangen, die Zwischenzäune abzubauen um ihnen mehr Platz zu geben, sie näher ans Haus zu lassen und ihnen Zugang zu Büschen und Bäumen zu ermöglichen. Jetzt haben sie erst einmal drei Hektar zur Verfügung. Der eine Offenstall ist leider gut 150 Meter weit vom Haus entfernt, der zweite ebenfalls und dieser taugt nicht für einen heißen Sommer, weil er zwar eine wunderschöne Aussicht hat, aber leider auch die Ausrichtung nach Süden. Ich vermisse auf jeden Fall den Blick aus dem Küchenfenster auf meine Lieblinge.

Wir haben den hinteren Bereich des Stalls von altem Stroh und Gerümpel befreit und vorne Fliegenvorhänge und ein altes Trampolinnetz angebracht, um den Ponys mehr Schutz vor Sonne und Insekten zu bieten. Die Vielfalt und Menge der fliegenden Parasiten ist hier inmitten der Natur ungleich höher als in der Agrarsteppe Niedersachsens. Pferdebremsen, Dasselfliegen und Hirschlausfliegen sind derzeit unsere größten Ärgernisse. Für Letztere habe ich schon eine gute Technik entwickelt, sie zu packen und zu knacken. Nicht schön, aber effektiv. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie schnell die Biester noch weiter krabbeln, wenn man nicht den Kopf, sondern nur den Körper erwischt. Gerade Wolfgang hat richtig Stress, wenn er spürt, dass wieder eine Attacke droht. Zum Glück sind es bislang maximal fünf pro Pferd, wenn ich meine Kontroll- und Pflegerunde mache.

Für die Dasselfliegen benutze ich ein Spezialmesse. Damit klappt das Abstreifen der Eier recht zuverlässig. Ich gehe in einen Bereich, in dem die Ponys nie grasen und schabe alle Eier ab, die ich finden kann. Zum Glück gibt es Medical Training, denn wie will man sonst alleine bei einem bremsengeplagten Jährling etwas von den Beinen kratzen? Vor allem, wenn alles juckt und sie sich sowieso ständig kratzen oder mit dem Maul die Bremsen und Fliegen abwehren wollen, ist es besser, regelmäßig die Wahrscheinlichkeit der aufgenommenen Larven zu reduzieren. Die Zeit bis zur „Nikolaus-Entwurmung“ ist ganz schön lang und wie heißt es so schön: Vorbeugen ist besser als heilen.

Was ich beeindruckend finde: Elvis hat mit Abstand am wenigsten Stellen und Hubbel. Liegt es daran, dass er noch bei Freya trinkt? Auf jeden Fall gibt es gute Gründe, sich auf den Herbst zu freuen. Dreimal haben wir eine kurze Tour über das Grundstück gemacht, aber es waren zu viele Bremsen unterwegs, um es in Gänze genießen zu können. Ansonsten ein seeeehr erhebendes Gefühl, mit der ganzen Gruppe auf dem eigenen Gelände mit berauschendem Ausblick unterwegs sein zu können. Das erste Mal auf der großen, oberen Weide haben die freien Ponys auch gut Gas gegeben. Was war ich froh, dass Mario auf seinem Fahrrad als Border Collie alle wieder zusammen und in die richtige Richtung trieb.

Aufgrund der Bremsen habe ich bislang auch kaum Clickertraining mit den Ponys gemacht. Aber La Vida, meine Prinzessin, hat mir zwei Mal ernsten Kummer bereitet: In der ersten Woche hatte sie eine Schlundverstopfung, ich keinen Hang-Empfang, um einen Tierarzt zu rufen, aber mit einer Gießkanne Wasser und kräftigem Reiben konnten Mario und ich ihr helfen. In der zweiten Woche kam sie -der Geier weiß wie- in den Stromzaun und galoppierte mehrere Pfähle ziehend davon. Das Schicksal fügte es wieder so, dass ich in der Nähe war und wir konnten verhindern, dass die ganze Herde nach dem Schreck echte Freiheit auskosten geht. Bis auf zwei Spuren an der Brust, an denen noch nicht einmal Fell abgeschabt war, hatte La Vida aber auch hier Glück.

Also ab und zu etwas Wippentraining. So der Plan. Im Video siehst du aber, dass sich immer mehrere Ponys um die Pferdewippen drängen. Die beiden 3-Meter-Wippen stehen hinter dem Haus, die anderen Turngeräte haben wir mit Marios kleinem roten Traktor den Hang hoch geschafft. Auch wenn ich mich beim Training auf meine Ponys konzentrieren möchte, ist die Aussicht doch wesentlich schöner. Aber bis dahin müssen erst einmal die Pferdebremsen weg sein und ich muss noch eine Abtrennung bauen. So weit sind wir nämlich noch nicht, dass die anderen geduldig auf ihren Bodentargets warten, während nur einer Spaß, Erfolg und Hafer bekommt.

Es stehen gefühlt zwanzig Sachen gleichzeitig auf dem Programm und die Erinnerung an die erste Zeit auf Hof Steigerwald in Ochtmannien hilft, mit mehr Gelassenheit auf die nicht-erledigten Projekte zu schauen. Die ersten zwei Wochen war es zudem noch extrem heiß, hier hat es seit Mai nicht mehr geregnet, es ist alles furztrocken und man muss sich seine Tagesplanung an Aktivitäten gut einrichten. Und nein, wir sind nicht in einer Waldbrand- Gegend gelandet und das Haus ist angenehm kühl. Auch als draußen 38 Grad waren, ist das Thermometer innen nicht auf über fünfundzwanzig Grad gestiegen. Wir leben mit Chaos, Improvisation und Plänen, die sich täglich ändern.

Gut getarnte Eidechse im Grünen
Gut getarnte Eidechse im Grünen

Die Vielfalt an Lebendigem ist großartig: Eidechsen in Hülle und Fülle, dicke Kröten, Gottesanbeterinnen, Fledermäuse, Heuschrecken jeder Art und Grillen, Siebenschläfer und Wildschweine sind uns schon begegnet. Einzigartig auch die Käuzchen -oder Eulen? – die nachts mit ihren Rufen die großartige Stimmung an diesem Ort noch verstärken. Wir hatten inzwischen sogar einen Hauch Regen und die ersten grünen Grashalme kommen zwischen dem verdorrten Gelb empor.

Ein großer Wermutstropfen ist der schlechte Empfang des Internets und des Handys. Meine letzten beiden Webinare habe ich von Chalabre aus gegeben, eine Bekannte hat mich zum Glück gerettet. Wir haben verschiedene SIM-Karten, Router und Antennen ausprobiert, festgestellt, dass freies, öffentliches Internet bei der Post oder im Supermarkt nicht gleich schnelles Internet bedeutet, uns im Laden eines Telefonanbieters beraten lassen, mit den Nachbarn gesprochen und uns jetzt Satelliten-Internet zugelegt. Man darf gespannt sein! Schließlich habe ich wöchentlich ein Live via Zoom. Das Coaching der Medical Trainer Ausbildung, die monatliche Fragestunde für alle Kunden eines Webinars in der Steigerwald.T Online Academy oder ein neues Live zu neuen und bestehenden Themen. Seit fast drei Jahren biete ich Lernen von Zuhause aus an und freue mich über die Möglichkeit, auch Menschen von weiter weg erreichen Zu können.

Wer gerne live und in echt bei mir lernen will: Regelmäßig finden die Pferdeseminare an unterschiedlichen Standorten in Deutschland statt, die Hühnerseminare in der Nähe von Göttingen. Ende September werde ich unser Paradies hier verlassen und den ganzen Oktober zum Unterrichten in Deutschland sein.

Am meisten fehlt mir neben den Freunden und den Seminaren unser Sohn und ich freue mich schon total auf ein Wiedersehen, wenn es auch im gefühlt grauen und langweiligen Norden ist. Bis dahin werden wir hier weiter bauen, basteln, genießen, planen, die Pyrenäen bewundern und das gute Gefühl feiern, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.